
Es gibt Nachrichten, die wirken wie ein Faustschlag in die Magengrube. Ein junger Kollege ist gestorben. Die Umstände sind unklar. Manche fragen sich: War es ein Unfall? War es ein Suizid? Die Gedanken überschlagen sich. Erinnerungsfetzen tauchen auf: sah er nicht erschöpft aus in den letzten Wochen? Hatte er nicht einen Verband am Handgelenk?
Plötzlich bricht das Team in lauter lose Enden auseinander: Schuldgefühle, Trauer, Fassungslosigkeit, Wut. Manche suchen sofort nach Erklärungen. Lieber schuldig fühlen als ohnmächtig. Andere verweigern den Gedanken noch, warten unbewusst darauf, dass er gleich wieder zur Tür hereinkommt. Und wieder andere sind an eigene Verluste erinnert – alte Wunden reißen auf.
Der Tod im Arbeitskontext ist ein doppelter Schock. Denn das Büro ist selten ein Ort, an dem Trauer selbstverständlich Platz hat. Hier geht es doch „eigentlich“ um Projekte, Meetings, Deadlines. Doch plötzlich rutschen wir aus dem Business-Modus in eine existenzielle Dimension: Wir sind sterbliche Menschen, die gemeinsam arbeiten – und manchmal gemeinsam verlieren.
Was nun wichtig ist:
- Trauer hat viele Gesichter und Geschwindigkeiten. Niemand trauert gleich.
- Schuldgefühle sind verständlich, aber selten hilfreich. Sie sind oft der Versuch, Kontrolle zurückzugewinnen.
- Teams brauchen Raum, um zu reden – oder auch zu schweigen. Rituale können helfen: eine Kerze, ein Foto, ein Kondolenzbuch.
- Führungskräfte sind gefordert, den Ausnahmezustand anzuerkennen. Nicht mit Parolen („Wir müssen stark bleiben!“), sondern mit der schlichten Erlaubnis, dass Trauer da sein darf.
Vielleicht ist das die wichtigste Botschaft: Im Arbeitsleben wird so viel über „Ressourcen“ gesprochen. Der Tod zeigt uns: Wir sind keine Ressourcen, wir sind Menschen. Und als Menschen gehen wir Verbindungen ein. Wenn diese plötzlich gekappt werden — und eine „Reperatur“ nicht möglich ist — bleibt erstmal nur der Schmerz über diesen Verlust. Und dieser braucht Raum und Würdigung.
Ich starte mit diesem Artikel eine kleine Serie über Verlust und wie wir mit ihm umgehen können. Am Arbeitsplatz und individuell.
Wenn du selbst von einem Verlust betroffen bist oder Kolleginnen oder Freunde hast, um die du dich sorgst, kannst du dich in akuten Fällen immer an die Telefonseelsorge wenden.
Wenn du für dich oder dein Team Begleitung suchst, kannst du dich auch an mich wenden.